Weißbrot in Weißwein bei Kerzenschein

28.04.2019 -- Posted by : Andreas

Spätestens nach dem Abendessen wird es Zeit, den Kachelofen aufzuheizen. Die Nächte in den Westkarpaten sind noch immer rauh, erst vor wenigen Tagen gab es noch Frost. Das Holz habe ich vor wenigen Stunden gespalten, jetzt wird es in dem langsam aufflackernden Glutofen knisternd verzehrt - und schafft eine wohlige Wärme im Raum.

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Draußen klingt langsam das Unwetter ab, das uns ein spannendes Nachmittagsprogramm beschert hatte. Donner, Blitze, eine in einen Sturzbach verwandelte Straße und Hagelsturm. Nicht nur für unsere kleine Dhalia ein spannendes Ereignis. Nun hat sich der Wettergott genug ausgetobt, und der Regen prasselt schön monoton auf das Dach des alten Dorfhauses in Posaga de Jos.

Unserem Blockbohlenhaus, oben am Hügel, hatte ich bereits am Vormittag einen Besuch abgestattet. Bevor der Regen kam. Es galt noch vor Ostern die letzten Bäume zu Pflanzen, die uns in Zukunft mit süßen Düften, bunten Blüten und saftigem Obst verwöhnen sollen. 57577012_549533792119602_8715585745735122944_n.jpg

Während Dhalia zum monotonen Feuerknistern und Regenprasseln einschläft, beobachten wir vom Balkon ein ungewöhnlich lebendiges Dorfleben. Üblicherweise legt sich nach Sonnenuntergang eine beinahe absolute Stille über das Tal. Vereinzelt hört man Hundebellen, Uhurufe und langsam auch Grillenzirpen - sonst jedoch nichts außer dem Wind in den Bäumen. Die letzten Lichter an den Fenstern erlöschen spätestens eine Stunde danach.

Heute jedoch liegt eine gewisse Elektrizität in der Luft, und diese ist nicht nur den hinter den Bergen gelegentlich noch aufflackernden Blitzen geschuldet. Es ist die Nacht vor Ostersonntag, und Bräuche sterben hier nur schwer. Denn bevor am kommenden Morgen spätestens das Fasten gebrochen wird (das traditionelle Osterlamm ist bereits vorbereitet), geht es geschlossen zum mitternächtlichen Ostergottesdienst in der - übrigens vom Urgroßvater meiner Frau Ioana erbauten - Dorfkirche.

Nach einer für mich exotischen, wenn auch etwas langwierigen Liturgie, geht es ans Eingemachte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Aus Jackentaschen und Stoffbeuteln tauchen plötzlich zahllose Einmachgläser auf, und im Kerzenschein der Kirche reihen sich die Menschen in eine Schlange ein, die hinter den Altar führt. Hinten angekommen wird dann auch unser Behälter aufgefüllt mit in Weißwein eingeweichtem Brot - die eucharistischen Gaben.

Am kommenden Morgen stoßen wir dann mit denen vortags mit Zwiebelschalen gefärbten Eiern an, antworten auf "Hristos a inviat" mit "Adevarat a inviat" und verspeisen selbige, zusammen mit dem Weißbrot/Weißweingemisch - nebst weiteren von Dhalias rumänischer Omi zubereitet Osterleckereien. Unser erstes gemeinsames Ostern in Posaga!

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